Endlich wieder segeln
Die erste Regatta des Jahres 2021 fand coronabedingt beim Verein Seglerhaus am Wannsee mit der German Open statt. 4o der gemeldeten 42 Boote gingen an den Start, eine schon meisterschaftswürdige Zahl. Und sowohl der Wettergott wie auch das hervorragende junge Wettfahrtkomitee unter der Leitung von Svearike Oeverdieck waren uns gnädig. Sonnenschein, 25 Grad Celsius und Wind aus 350 bis 10 Grad mit bis zu vier Bf stellten sehr gute Grundbedingungen, auch wenn der Wind des öfteren unvorhersehbar drehte. Svearike und ihre Mannschaft legten aber nicht nur eine jeweils perfekte Startlinie, sondern korrigierten auch das Luvfass schnell, wenn notwendig, und brachten die Zielzeit von 45 Minuten pro Wettfahrt perfekt hin.
Spannende Wettkämpfe
Am Samstag gab es vier Wettfahren und vorne entspann sich ein Zweikampf zwischen Ben van Cauwenbergh (2, 5, 2, 1) und Ulli Libor (1, 2, 3, 10), an den nur Bernd Zirkelbach (5, 6, 1, 9) etwas heranreichte. Die schlechteste Wettfahrt wurde bereits gestrichen, so dass Ben mit 5 und Ulli mit 6 Punkten fast gleichauf lagen und Bernd mit 12 Punkten schon etwas abgeschlagen aussah.
Am Sonntag brachten die zwei ausstehenden Wettfahrten bei teilweise stark wechselnden Winden bei Ben (8, 4), Ulli (11, 2) und Bernd (6, 1) durchwachsene Ergebnisse, die aber am Gesamtstand nichts änderten. Ben gewann letztlich überzeugend mit 14 Punkten vor Ulli mit 18 und Bernd mit 19 Punkten und freute sich herzlich über diesen hart erkämpften Erfolg.
Dahinter ging es naturgemäß genauso eng zu mit teilweise großen persönlichen Erfolgen: Stefan Klötzing wurde 5., Kalle und Michael Dehler belegten brüderlich den 6. und 7 Platz, und Mutter Sabine Trömer besiegte knapp als 14. Sohn Tim auf dem 15. Rang.
Auch alle anderen fühlten sich als Sieger, wie beispielsweise der Schwede Johan Rockström, Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, der zum ersten Mal in einem 2.4er saß und anschließend meinte „viel gelernt zu haben“ und nicht zum letzten Mal 2.4mR gesegelt zu sein.
Gesamt- und Para-Wertung
Die Preisverteilung fand weiterhin bei bestem Wetter unter freiem Himmel statt und bestand aus einer Würdigung der Gesamtwertung und einer Parawertung.
Bei den Parapreisen gab es allerdings einige Verwirrungen, weil eindeutig Nichtbehinderte aufgerufen, Nachrücker spontan benannt, dabei allerdings andere Berechtigte übersehen wurden oder Verwunderung über den Parastatus von Berechtigten herrschte. Die Preise wurden dann letztlich teilweise unter den Teilnehmern vorschriftsmäßig ausgetauscht mit folgendem Ergebnis: 1. Stephan Giesen, 2. Tim Trömer, 3. Alexander Sadilek.
Unabhängig davon bleibt es fraglich, ob diese spezielle Heraushebung in einer echten Inklusionsklasse, wo jeder die gleichen Chancen hat, wirklich zielführend ist. Etliche Behinderte fühlen sich – wie auch ich schon immer – durch diese speziellen Preise diskriminiert. Mir ist und bleibt mein Gesamtplatz über alle Teilnehmer, ob behindert oder nicht, Mann oder Frau wichtiger als jede Sonderwertung, die in unserer Klasse überflüssig ist.
Ich würde jetzt nicht so weit gehen, den Behindertensport als nicht notwendig zu sehen. Noch bieten nicht alle Vereine den Segelsport inklusiv an. Es gibt auch viele Segler mit Behinderungen, die zusätzliche Wertungen, eine IDM des DBS und Para-Weltmeisterschaften gut finden. Das kann man doch akzeptieren. Da kann doch jeder seine Meinung haben und entsprechend handeln. Du bist früher auch IDMs des DBS und Behinderten-Weltmeisterschaften gesegelt. Jetzt hast du eine andere Meinung und Einstellung zu diesem Thema. Das ist auch völlig legitim. Unsere Klasse akzeptiert und unterstützt die Entscheidung jedes einzelnen. Wer in einer Para-Wertung nicht gelistet sein möchte, muss das nicht. Wer eine derartige Wertung möchte, kann sie haben. Es kostet die Klasse weder Image, noch Geld und Mühe. Und niemand wird in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt.
Tja Heiko, ich muss annehmen, dass Du mich, wie in der Vergangenheit, einfach falsch interpretieren möchtest. Mit keinem Wort habe ich mich gegen das Behindertensegeln ausgesprochen. Im Gegenteil, lies einfach den Abschnitt „Inklusives Segeln“ auf dieser Webseite. Ich weiß auch, dass die 2.4mR ihren ersten Aufschwung durch uns Behinderte in Deutschland und in der Welt hatte. Damit war aber das Potential bei Weitem nicht ausgeschöpft. Nunmehr steht der 2.4er seit rund vier Jahren zumindest in Deutschland als ein Boot da, das sehr diversen Menschen Chancengleichheit auf höchstem seglerischen Niveau bietet. In Berlin waren bereits 10 % Frauen dabei, ein unter 15-Jähriger gegen einen über 80-Jährigen. Jetzt (noch) die Behinderten besonders herauszustellen, ist der falsche Ansatz für die weitere Entwicklung der Klasse. Das ist mein Credo.
Noch ein persönliches Wort, aber das hast Du mir ja zugestanden: Einen Sonderstatus als Behinderter erwarte ich lediglich beim Stegplatz, aber nicht beim Start, auf der Bahn, im Ziel oder bei der Preisverteilung. Da ist es mir eher peinlich angesichts der Segelbedingungen im 2.4mR.
Ich denke, diese Debatte ist es wert, fortgeführt zu werden und habe daher im Forum ein Thema dazu eröffnet.
Lieber Detlef, ich blicke nicht zurück und es ist bestimmt nicht meine Absicht, dich falsch zu verstehen. Deine Meinung zu diesem Thema kann ich nachvollziehen. Ich selbst habe nach Rio zeitweise gedacht, dass wir keine Sonderwertungen mehr brauchen. Ich habe mich aber unentschieden. Dafür habe ich verschiedene Gründe.
Es gibt derzeit nur wenige Vereine, die das Thema „Inklusion“ für sich entdeckt haben und es gibt auch nur wenige Menschen mit Behinderungen, die wissen, dass sie Segeln können.
Dadurch, dass wir eine IDM der Segler mit Behinderungen mit dem DBS ausrichten, wird auch in verschiedenen Medien darüber berichtet. Somit werden Vereine, als auch potenzielle Segler mit Behinderungen informiert und motiviert, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Wir hatten früher sicherlich immer damit zu kämpfen, dass unsere Klasse fälschlicherweise als „Behindertenklasse“ eingestuft wurde. Über diesen Punkt sind wir aber schon lange hinweg gekommen. Die stetig steigende Zahl nahrhafter Segler hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir als internationale Klasse wahrgenommen werden.
Wie du ganz richtig geschrieben hast, brauchen Segler mit Behinderungen eine geeignete Infrastruktur an Land und am Steg. Daher unterstützt der DBS die IDM der Parasegler finanziell, um dem ausrichtenden Verein die Herstellung der Barrierefreiheit zu ermöglichen. Ohne diese Unterstützung würden nur wenige Vereine in der Lage sein eine IDM auszurichten.
Ich glaube auch, dass die Klasse keinerlei Vorteile hätte, wenn zukünftig keine Sonderwertungen mehr erfolgen würden. Es bringt unserer Klasse keinen Image-Zugewinn, wenn wir Inklusion in höchster Vollendung demonstrieren. Daher finde ich, dass wir keinen Grund haben, jetzt an dieser Stelle die Klasse neu auszurichten.
Es mag noch Vereine geben, die von Inklusion nichts gehört haben. Ich erlebe aber gerade eine Welle der Öffnung – übrigens nicht nur wegen der Zuwendung zu traditionellen Behinderten, sondern häufig wegen der Altersstruktur in den Clubs. Zur Förderung des Behindertensegelns gibt es nun auch genügend andere Klassen, sogar mit Weltmeisterstatus in Europa inklusive entsprechender Pressearbeit. Wem sage ich das.
Deinem Argument zur Herstellung von Barrierefreiheit durch das Geld für Deutsche Parameisterschaften kann ich überhaupt nicht folgen. Bei den Veranstaltern von Deutschen 2.4mR Parameisterschaften der vergangenen Jahre gibt es keine grundlegend anderen Verhältnisse in Richtung Barrierefreiheit als bei anderen Clubs.
Und noch Mal: Wenn wir gleichwertig segeln, braucht es auch keine Sonderwertung! Das ist Exklusion der Nichtbehinderten und konterkariert den Inklusionsgedanken auf ganz andere Weise.
Damit soll´s aber hier im Anschluss an die German Open genug sein. Das Thema kann gerne im Forum weiter diskutiert werden.